Presse



10 Samstag, 19. Februar 2005
Jiddische Lieder ernten rauschenden Applaus
„Akkordeon plus x" im Kunsthaus

Die zehnte Ausgabe von „Akkordeon plus x“ nutzte Ralf Kaupenjohann, künstlerischer Leiter der Konzertreihe im Kunsthaus, das Ensemble DRAj und das eigene Akkordeon vorzustellen.

Jiddische Lieder aus osteuropäischen Ghettos sind per se keine lustige Angelegenheit – sollte man meinen. Angesichts der deutschen Greueltaten übersieht man aber leicht, dass es selbst in den Ghettos noch für eine Weile so etwas wie normales (jüdisches) Leben gab.

Leben voller kindlichem Spielvergnügen und jugendlicher Lebenslust, an die das Ensemble DRAj mit seinem neuen Programm Jisrolek – Aufwachsen im Ghetto in einer Mischung aus fröhlichem Überschwang und stiller Melancholie erinnerte.

Mit sparsamen Gesten, aber bewegender Stimmführung sang Manuela Weichenrieder, deren warmer Sopran durch eine präzise Artikulation der jiddischen Liedtexte bestach, von übermütigen Kinderspäßen (Wer der erschter wet lachen) und der ersten Liebe im Wald (Margaritkes), aber auch dem wehmütigen Rückblick eines Greises auf die eigenen Kinderjorn.

Spannend, wie Ludger Schmidt am Cello und Ralf Kaupenjohann diese Lieder, ohne je Klischees jiddischer Folklore zu strapazieren, musikalisch illustrierten. In die irisierenden Farbtöne des Akkordeons wob sich das oft gezupfte Streichinstrument rhythmisch raffiniert. Zur Belohnung gab's schließlich rauschenden Applaus und vom Hausherrn statt bunter Blumen roten Wein für alle drei.

Sven Thielmann
Westdeutsche Allgemeine Zeitung, 21. Februar 2005